Bei dieser Datenbank handelt es sich um eine strukturierte und kommentierte Bibliographie von Publikationen speziell zur Sprache der deutschsprachigen Minderheitenpresse in Mittel- und Osteuropa.

Angezeigt werden alle Datensätze, die mit dem gewählten Schlagwort - St. Petersburgische Zeitung - verbunden sind.

Alle anzeigen

Woronenkowa, Galina F. (2011): Deutschsprachige Medien in Russland. Geschichte und Gegenwart. In: Ammon, Ulrich/Kemper, Dirk (Hrsg.): Die deutsche Sprache in Russland. Geschichte, Gegenwart, Zukunftsperspektiven. München: Iudicium Verlag. S. 243-254.

Dieser Beitrag bietet einen größtenteils pressehistorischen Überblick über die deutschsprachigen Medien – darunter besonders die Printmedien – in Russland von der Zeit ihres Aufschwungs im 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Der Text wird eingeleitet durch die Einschätzung „[d]ie Geschichte der deutschsprachigen Medien in Russland spiegelt aufs Engste die Entwicklung der russisch-deutschen Kulturbeziehungen überhaupt wider“, gefolgt von einer kurzen historischen Zusammenfassung ähnlich einem Abstract.
Im ersten Abschnitt wird „[d]as Aufblühen deutschsprachiger Medien infolge der Petrinischen Reformen“ erläutert. So erlebten deutschsprachige Medien infolge der Reformen Peters I. und der kulturellen Öffnung des Landes nach Westen einen „ersten, aber gleich massiven Aufschwung“. Auch davor wurden bereits fremdsprachige ausländische Zeitungen und Zeitschriften in Moskau angeboten. Die Produktion eigener deutschsprachiger Medien in Russland begann mit den Petrinischen Reformen wie z.B. der Gründung der Akademie der Wissenschaften in Petersburg 1724. Diese gab ab 1727 die deutschsprachige „St. Petersburgische Zeitung heraus. Unabhängige Monatszeitung“ heraus, die „der Kommunikation zwischen Wissenschaftlern und Fachleuten, die aus Deutschland und Westeuropa nach Russland gekommen waren“. Im frühen 18. Jahrhundert war die deutsche Sprache „die lingua franca der Wissenschaften in Russland“, die neben Zeitungen und Zeitschriften auch auf dem Buchmarkt eine Rolle spielte. Dem „Buchdruck“ und in diesem Zusammenhang dem Buchhandel und Verlagswesen ist anschließend ein etwas längerer Abschnitt gewidmet (auf den hier nicht genauer eingegangen werden soll). In dieser Periode erschienen außerdem Zeitschriften wie die „Sammlung russischer Geschichte“ von 1732 bis 1764 und als Beilage der „St. Petersburgischen Zeitung“ die erste populärwissenschaftliche Zeitschrift in deutscher und russischer Sprache namens „Monatliche historische, genealogische und geographische Angaben“.
Der folgende Abschnitt ist den Entwicklungen im 19. Jahrhundert gewidmet. Zu Beginn werden hier die „[p]olitische[n] Rahmenbedingungen und Zensurverhältnisse“ erläutert. Das erste Zensurstatut von 1804 hatte „einen eher milden Charakter und trug so zur Vermehrung der Printmedien bei“. Verstärkungen der Zensur verlangsamten zwar das Wachstum der Printmedien, hielten es jedoch nicht vollkommen auf, sodass neue Periodika wie die „St. Petersburgische Handels-Zeitung“ (1803), die „St. Petersburgische Senats-Zeitung“ (1809), „Der russische Invalide“ (1813) und die „Moskaurische Zeitung“ (1811) gegründet werden konnten. In einer zweiten Wachstumsphase infolge der Reformen von Zar Alexander II. wurde eine Vielzahl neuer Zeitungen und Zeitschriften – darunter zahlreiche deutschsprachige Blätter – ins Leben gerufen, wie z.B. die „Deutschen Blätter für Russland“ (1868), der „St. Petersburger Herold“ (1876), die „Moskauer Zeitung“ (1864) sowie die „Moskauer Deutsche Zeitung“ (1870). Im Bereich der Fachzeitschriften entstanden beispielsweise die „Medizinische Zeitung Russlands“ (1844), die „St. Petersburgische medizinische Zeitschrift“ (1861) und „Mode-Welt und Mode-Geschäft“ (1868). Als erste Presseerzeugnisse der deutschen Siedler in Russland, der sog. Russlanddeutschen, entstanden die „Odessaer Zeitung“ (1863) sowie das monatliche „Unterhaltungsblatt für die deutschen Ansiedler im südlichen Russland“ (1840). Außerdem wurde als ein „Organ der All-Russland-Union der Russlanddeutschen“ ab 1917 das „Wochenblatt“ in Odessa herausgegeben. Zu den konfessionellen Publikationen zählten z.B. das „St. Petersburger evangelische Sonntagsblatt“ (1858) und die katholisch geprägte „Deutsche Rundschau“ mit ihrem Erscheinen ab 1906 in Saratow.
Der folgende dritte Abschnitt beschreibt die Situation im 20. Jahrhundert beginnend mit der „Zeit der Weltkriege“. Dabei wird zunächst die politische und gesellschaftliche Situation in der Zeit vor und zu Beginn des Ersten Weltkriegs näher betrachtet, als es unter anderem auch „zur Schließung zahlreicher deutschsprachiger Zeitungen“ kam. In der Zwischenkriegszeit „erlebte die deutsche Minderheit einen kurzen, aber stürmischen Aufstieg“ mit der Gründung einer „Kommune“ der Wolgadeutschen im Jahr 1918, die 1924 den Rang der „Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen“ mit Deutsch als Amtssprache erhielt. Auf ihrem Gebiet wurden „mehr als zwanzig lokale und fünf Gebietszeitungen herausgegeben“, die jedoch mit dem Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg zusammen mit allen anderen deutschsprachigen Zeitungen eingestellt wurden. Nach Kriegsende entstand erst 1951 mit dem „Heimkehrer“ wieder eine deutschsprachige Zeitung in der Sowjetunion, die allerdings lange – bis zum Jahr 1992 – herausgegeben wurde. Nach Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen (an dieser Stelle ist nur die Rede von Westdeutschland ohne Erwähnung der DDR als Teil des Ostblocks) erschienen wieder wenn auch nur vereinzelt Zeitungen und Zeitschriften wie „Neues Leben“ (1957), „Freundschaft“ (1965) und „Heimatliche Weiten“ (1982), als zweimal jährliche Zeitschrift für Literatur, Kunst und Gesellschaftspolitik. Nach der Wende verbesserte sich die Situation, so dass die 1990 gegründete „Zeitung der Wolgadeutschen“, seit 1995 unter dem Titel „Wolgazeitung“, sogar mit staatlicher Unterstützung erscheinen konnte.
Zuletzt wird die „[g]egenwärtige Situation“ beschrieben als „breite Palette medialer Informations- und Unterhaltungsmöglichkeiten in deutscher Sprache“, dazu gehören neben Printmedien auch Radiosender und Online-Angebote. Infolge der politischen Wende sind nun auch ausländische Medien uneingeschränkt verfügbar, was die „Rahmenbedingungen deutschsprachiger Medienerzeugnisse aus Russland ganz wesentlich [verändert]“: „Wenn eine mediale Grundversorgung in deutscher Sprache und aus Deutschland als gesichert über das Internet gelten kann, erfüllen deutschsprachige Medienerzeugnisse aus Russland eher die Funktion von Spezialangeboten für einen begrenzten Adressatenkreis.“ Hier erscheinen vor allem überregionale Printmedien wichtig, darunter die „St. Petersburgische Zeitung“, die wie erwähnt bereits 1727 gegründet und im Ersten Weltkrieg eingestellt wurde, die nun seit 1991 wieder „in einer Auflagenstärke von 7000 Exemplaren“ erscheint, und sich zweisprachig an Touristen, Geschäftsleute, Russlanddeutsche sowie „Deutschlandinteressierte Petersburger“ richtet. Daneben existiert die „Moskauer Deutsche Zeitung“ (MDZ), die 1870 gegründet wurde und seit 1998 vierzehntägig mit Berichten zu Politik, Wirtschaft und Kultur erscheint. Als „Informationsmedium für die Russlanddeutschen“ existiert seit 1990 die „Rundschau – Russlanddeutsche Wochenzeitung“, die zwar „prinzipiell überregional ausgerichtet“ ist, jedoch mit einer Auflage von 1600 Exemplaren nur von einem begrenzten Adressatenkreis wahrgenommen wird. Als letztes Beispiel wird der seit 1993 herausgegebene „Königsberger Express – Nachrichten aus Kaliningrad“ genannt, der einen „eher regionalen Charakter“ aufweist.
Abschließend wird festgestellt, dass es noch „etliche Beispiele“ regionaler Publikationen sowie „gedruckte und/oder digitale Zeitschriften für besondere Zielgruppen“ gäbe, dies sind neben „berufs- und wirtschaftsorientierten Zeitschriften […] vor allem solche, die sich an die große Zahl von Deutschlernern in Russland wenden“. Aus dem Inhalt der vorgestellten Publikationen werden jedoch keine Beispiele geboten und eine Untersuchung der Sprache in den Blättern findet nicht statt.